26.01.2025

Hochschulen wehrhaft gegen Antisemitismus: Jetzt Reformen und Prävention stärken!


Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 hat sich die Zahl
 antisemitisch motivierter Straftaten in besorgniserregendem Ausmaß erhöht. So hat die
 Polizei in diesem Jahr bislang mehr als 3.200 antisemitische Straftaten registriert.
 Dabei handelt es sich um eine Verdopplung im Vergleich zu dem Vorjahreszeitraum. Um
 das ganze Ausmaß des wieder aufstrebenden Antisemitismus innerhalb der deutschen
 Landesgrenzen zu skizzieren: Seit dem Beginn des Überfalls der Hamas auf Israel
 wurden insgesamt fast 8.500 Straftaten registriert, die laut Angaben der Polizei als
 politisch motivierte Kriminalität im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt stehen.

 Diese gesellschaftliche Entwicklung spiegelt sich ebenso in deutschen Hochschulen und
 Universitäten. Jüdische Studierende sehen sich zunehmend Anfeindungen und Bedrohungen
 ausgesetzt, die von verbalen Angriffen bis hin zu körperlicher Gewalt reichen. Die
 aktuelle Situation erfordert dringend eine Anpassung der hochschulrechtlichen
 Rahmenbedingungen, um solchen Vorfällen effektiv begegnen zu können. Leider
 Bedauerlicherweise zeigt die bisherige Praxis, dass wirkungsvolle Sanktionen, wie die
 Zwangsexmatrikulation, in der Regel kaum angewendet werden.  

 Dies liegt einerseits an der Zurückhaltung der Hochschulen, solche Maßnahmen aufgrund
 der damit verbundenen Grundrechtseinschränkungen durchzuführen. Andererseits ist es
 nicht allen Bundesländern möglich, sanktionierende Konsequenzen zu vollziehen, da das
 geltende Hochschulrecht des jeweiligen Bundeslandes diese nicht immer zulässt –
 insbesondere die Maßnahme der Exmatrikulation durch die Hochschulen und
 Universitäten.   

 Es ist für uns Junge Liberale Unterfranken daher unerlässlich, dass die bislang
 geltenden Regelungen und Verfahren so angepasst werden, dass sie tatsächlich zur
 Anwendung kommen, um die Sicherheit aller Studierenden zu gewährleisten zu können. 

 Der Bayerische Aktionsplan gegen Antisemitismus 

 Dieses Ziel verfolgt auch die Bayerische Staatsregierung mit ihrem Fünf-Punkte-
 Aktionsplan, der dafür sorgen soll, Hass gegen jüdische Studierende an deutschen
 Hochschulen einzudämmen und bei Auftreten zu sanktionieren.  

 Wir Junge Liberale Unterfranken befürworten den Aktionsplan der Bayerischen
 Staatsregierung, sind jedoch davon überzeugt, dass es mehr als fünf Maßnahmen
 benötigt, um insbesondere effiziente Prävention, wirkungsvolle Sanktionierung und
 Nachhaltigkeit in Bezug auf die Reduzierung antisemitischer Handlungen zu
 gewährleisten.  

 Unser Maßnahmenpaket gegen den wiederaufstrebenden Antisemitismus an deutschen
 Hochschulen
 

 Vor diesem Hintergrund und dem müssen die folgenden Maßnahmen aufgegriffen und
 möglichst unkompliziert Umsetzung finden: 

  1.  Reform des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes (BayHIG) 

 Wir appellieren primär an den Freistaat Bayern, jedoch auch an alle deutschen
 Bundesländer, möglichst einheitliche gesetzliche Regelungen zu schaffen, die deutsche
 Hochschulen und Universitäten die Möglichkeit einräumen, Studierende bei besonders
 schwerwiegenden nachweisbaren Fällen antisemitischen Verhaltens zwangsexmatrikulieren
 zu können. 

 Im Konkreten fordern wir eine Reform des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes
 (BayHIG) nach dem Vorbild des §51a der nordrhein-westfälischen Hochschulordnung (HO),
 welcher es bei Ordnungsverstößen durch Studierende an Hochschulen und Universitäten
 erlaubt, entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Diese Reform soll einen differentierten
 Maßnahmenkatalog im Falle von Ordnungsverstößen durch Studierende einer Hochschule
 bzw. einer Universität beinhalten, sodass diese Institutionen bei antisemitischen
 Äußerungen und Handlungen konsequent durchgreifen können, indem sie aus einer
 Sammlung verschiedener Sanktionsmöglichkeiten unterschiedliche Verstöße angemessen
 sanktionieren. Dabei sollen sie in der Wahl des adäquaten Sanktionsinstruments
 autonom und flexibel entscheiden können. Ein mögliches Kriterium könnte etwa die
 Schwere des antisemitischen Vorfalls darstellen.   
 

 An dieser Stelle sprechen wir Junge Liberale Unterfranken uns außerdem für die
 Zwangsexmatrikulation als mögliche Sanktionierung aus. Wir sind uns dem
 grundrechtseingreifenden Charakter dieser Maßnahme bewusst, weshalb sie als Ultima
 Ratio durch die Hochschule bzw. Universität zu wählen ist. Vor einer durchgeführten
 Exmatrikulation muss mindestens ein Mal eine Androhung dieses Vorgehens erfolgt sein.
 Vor diesem Hintergrund muss die Wahl der geeigneten Sanktionierung unter dem
 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgen.    
 

 Durch eine solche Reform des Bayerischen Hochschulrechts wollen wir sicherstellen,
 dass das studentische Umfeld an Hochschulen und Universitäten für alle Studierende,
 auch diejenigen jüdischen Glaubens, sicher bleibt und antisemitische Handlungen keine
 Duldung finden. Eine entsprechende Aktualisierung des Bayerischen
 Hochschulinnovationsgesetzes würde nicht nur eine wichtige Voraussetzung für
 Hochschulen und Universitäten darstellen, konsequente Maßnahmen in Betracht zu
 ziehen, sondern auch deren Autonomie erhöhen, um diese letztlich auch effektiv
 umsetzen zu können.    

 2. Selbstverständnis der Hochschulen und rechtliche Verankerung 

 Die bisher geringe Zahl an Fällen, in denen Hochschulen Maßnahmen gegen
 antisemitisches Verhalten ergriffen haben, liegt auch im Selbstverständnis der
 Hochschulen als autonome Bildungseinrichtungen begründet. Häufig fehlt es an einem
 klaren Verständnis der Verantwortung, die Hochschulen im Kampf gegen Antisemitismus
 tragen. Um eine effektive Bekämpfung von Antisemitismus zu gewährleisten, ist es
 notwendig, die Zuständigkeit der Hochschulen für disziplinarische Maßnahmen zu
 erweitern und gesetzlich festzuschreiben. Hochschulen müssen ihre Rolle als Orte der
 Vielfalt und Toleranz aktiv wahrnehmen und dürfen antisemitisches Verhalten nicht
 länger dulden. 

 3. Verbesserung der Rahmenbedingungen und Schutzmaßnahmen 

 Neben den rechtlichen Anpassungen ist auch eine Sensibilisierung der Hochschulen und
 Universitäten für ihre Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus notwendig. Die
 vorhandenen rechtlichen Rahmenbedingungen reichen oft nicht aus oder werden nicht
 konsequent umgesetzt. Hochschulen sollten verpflichtet werden, antisemitisches
 Verhalten nicht nur innerhalb der Universitäten zu ahnden, sondern auch bei
 relevanten außeruniversitären Vorfällen zu handeln, die die Hochschulgemeinschaft
 betreffen. 

 Für uns JuLis Unterfranken ist klar: Wir wollen die Rahmenbedingungen an bayerischen
 Hochschulen und Universitäten verbessern. Dazu bedarf es nach unserer Auffassung: 
 

  •  Hochschulen sollten verpflichtet werden, ein klar definiertes und für alle
     leicht zugängliches Meldesystem für diskriminierende Vorfälle zu etablieren.
     Dies kann in Form einer anonymen Online-Plattform geschehen, die eine
     niedrigschwellige Möglichkeit bietet, Vorfälle zu melden. Ziel ist es, die
     Dunkelziffer  der Fälle aufzudecken und Vorfälle umfassend zu dokumentieren.
  •  Hochschulen sollten verpflichtet werden, antisemitische Vorfälle systematisch zu
     dokumentieren und regelmäßig Berichte zu veröffentlichen. Diese Berichte könnten
     als Grundlage dienen, um den Erfolg der Maßnahmen zu bewerten und die
     Öffentlichkeit zu informieren.

 4. Verpflichtende Sensibilisierungs- und Bildungsinitiativen 

 Um antisemitische Vorfälle wirksam zu verhindern, müssen nicht nur Sanktionen
 verschärft, sondern auch präventive Maßnahmen ergriffen werden. Bildungsinitiativen,
 die das Bewusstsein für die Bedeutung des Schutzes jüdischer Studierender schärfen,
 sind unverzichtbar.  

 Diese Initiativen sollten nicht nur auf Studierende abzielen, sondern auch das
 Hochschulpersonal einbeziehen, um eine umfassende Sensibilisierung zu gewährleisten.
 Es muss klar sein, dass jede Form von Antisemitismus nicht toleriert wird und die
 Hochschulen ihre Verantwortung im Umgang mit solchen Vorfällen ernst nehmen. Durch
 regelmäßige Veranstaltungen, wie z.B. Dialogabende oder Workshops, die von jüdischen
 Gemeinden oder Antidiskriminierungsorganisationen unterstützt werden, können
 Vorurteile abgebaut und der Zusammenhalt gestärkt werden.

 5. Förderung eines sicheren und inklusiven Hochschulumfelds 

 Sanktionierungen sind dann angebracht, um bereits erfolgten antisemitischen
 Handlungen mit entsprechenden Konsequenzen zu entgegnen. Darüber hinaus wollen wir
 Junge Liberale Bayern bereits in der Prävention ansetzen, um ein sicheres und
 inklusives Umfeld für alle Studierenden zu fördern.  

 Wir Junge Liberale Unterfranken fordern daher: 

  •  Die Einrichtung sicherer Räume auf dem Campus der Hochschulen bzw. der
     Universitäten, die speziell dazu dienen sollen, die speziell dazu dienen sollen,
     Schutz vor Diskriminierung und eine sichere Anlaufstelle für Meldungen und
     Beratung bei Vorfällen zu bieten Studierende könnten hier vertrauliche Beratung
     in Anspruch nehmen, Informationen zu ihren Rechten erhalten und bei Bedarf
     Unterstützung bei der Meldung von Vorfällen finden.
  •  Die Bereitstellung eines für jüdische Studierende geeigneten
     Unterstützungsdienst in Form einer zentralen Anlaufstelle. Auch hier soll sich
     der Freistaat Bayern an der Anlaufstelle für Betroffene von Antisemitismus in
     Nordrhein-Westfalen orientieren. Das Ziel dieser Stelle soll es sein, dass
     Betroffene antisemitischer verbaler oder gar physischer Angriffe zu unterstützen
     und beratend zu begleiten. Dazu gehört vor allem eine Erstberatung für die
     Betroffenen antisemitischer Vorkommnisse, die neben Handlungsmöglichkeiten auch
     eine potenzielle strafrechtliche Relevanz aufzeigen soll. Insbesondere für
     Studierende mit internationalem Hintergrund kann dieses Angebot eine wichtige
     Grundlage darstellen. Eine kooperative Zusammenarbeit mit jüdischen Gemeinden,
     Organisationen und spezialisierten Beratungsstellen stellt für uns dabei eine
     elementare Grundlage für dieses Vorhaben dar. In Bezug auf die Finanzierung
     dieser Anlaufstelle ist zu prüfen, inwiefern staatliche Förderungen für dieses
     Anliegen verfügbar sind – bei deren Existenz ist ein entsprechender Förderantrag
     zu stellen.   

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