Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 hat sich die Zahl
antisemitisch motivierter Straftaten in besorgniserregendem Ausmaß erhöht. So hat die
Polizei in diesem Jahr bislang mehr als 3.200 antisemitische Straftaten registriert.
Dabei handelt es sich um eine Verdopplung im Vergleich zu dem Vorjahreszeitraum. Um
das ganze Ausmaß des wieder aufstrebenden Antisemitismus innerhalb der deutschen
Landesgrenzen zu skizzieren: Seit dem Beginn des Überfalls der Hamas auf Israel
wurden insgesamt fast 8.500 Straftaten registriert, die laut Angaben der Polizei als
politisch motivierte Kriminalität im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt stehen.
Diese gesellschaftliche Entwicklung spiegelt sich ebenso in deutschen Hochschulen und
Universitäten. Jüdische Studierende sehen sich zunehmend Anfeindungen und Bedrohungen
ausgesetzt, die von verbalen Angriffen bis hin zu körperlicher Gewalt reichen. Die
aktuelle Situation erfordert dringend eine Anpassung der hochschulrechtlichen
Rahmenbedingungen, um solchen Vorfällen effektiv begegnen zu können. Leider
Bedauerlicherweise zeigt die bisherige Praxis, dass wirkungsvolle Sanktionen, wie die
Zwangsexmatrikulation, in der Regel kaum angewendet werden.
Dies liegt einerseits an der Zurückhaltung der Hochschulen, solche Maßnahmen aufgrund
der damit verbundenen Grundrechtseinschränkungen durchzuführen. Andererseits ist es
nicht allen Bundesländern möglich, sanktionierende Konsequenzen zu vollziehen, da das
geltende Hochschulrecht des jeweiligen Bundeslandes diese nicht immer zulässt –
insbesondere die Maßnahme der Exmatrikulation durch die Hochschulen und
Universitäten.
Es ist für uns Junge Liberale Unterfranken daher unerlässlich, dass die bislang
geltenden Regelungen und Verfahren so angepasst werden, dass sie tatsächlich zur
Anwendung kommen, um die Sicherheit aller Studierenden zu gewährleisten zu können.
Der Bayerische Aktionsplan gegen Antisemitismus
Dieses Ziel verfolgt auch die Bayerische Staatsregierung mit ihrem Fünf-Punkte-
Aktionsplan, der dafür sorgen soll, Hass gegen jüdische Studierende an deutschen
Hochschulen einzudämmen und bei Auftreten zu sanktionieren.
Wir Junge Liberale Unterfranken befürworten den Aktionsplan der Bayerischen
Staatsregierung, sind jedoch davon überzeugt, dass es mehr als fünf Maßnahmen
benötigt, um insbesondere effiziente Prävention, wirkungsvolle Sanktionierung und
Nachhaltigkeit in Bezug auf die Reduzierung antisemitischer Handlungen zu
gewährleisten.
Unser Maßnahmenpaket gegen den wiederaufstrebenden Antisemitismus an deutschen
Hochschulen
Vor diesem Hintergrund und dem müssen die folgenden Maßnahmen aufgegriffen und
möglichst unkompliziert Umsetzung finden:
- Reform des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes (BayHIG)
Wir appellieren primär an den Freistaat Bayern, jedoch auch an alle deutschen
Bundesländer, möglichst einheitliche gesetzliche Regelungen zu schaffen, die deutsche
Hochschulen und Universitäten die Möglichkeit einräumen, Studierende bei besonders
schwerwiegenden nachweisbaren Fällen antisemitischen Verhaltens zwangsexmatrikulieren
zu können.
Im Konkreten fordern wir eine Reform des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes
(BayHIG) nach dem Vorbild des §51a der nordrhein-westfälischen Hochschulordnung (HO),
welcher es bei Ordnungsverstößen durch Studierende an Hochschulen und Universitäten
erlaubt, entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Diese Reform soll einen differentierten
Maßnahmenkatalog im Falle von Ordnungsverstößen durch Studierende einer Hochschule
bzw. einer Universität beinhalten, sodass diese Institutionen bei antisemitischen
Äußerungen und Handlungen konsequent durchgreifen können, indem sie aus einer
Sammlung verschiedener Sanktionsmöglichkeiten unterschiedliche Verstöße angemessen
sanktionieren. Dabei sollen sie in der Wahl des adäquaten Sanktionsinstruments
autonom und flexibel entscheiden können. Ein mögliches Kriterium könnte etwa die
Schwere des antisemitischen Vorfalls darstellen.
An dieser Stelle sprechen wir Junge Liberale Unterfranken uns außerdem für die
Zwangsexmatrikulation als mögliche Sanktionierung aus. Wir sind uns dem
grundrechtseingreifenden Charakter dieser Maßnahme bewusst, weshalb sie als Ultima
Ratio durch die Hochschule bzw. Universität zu wählen ist. Vor einer durchgeführten
Exmatrikulation muss mindestens ein Mal eine Androhung dieses Vorgehens erfolgt sein.
Vor diesem Hintergrund muss die Wahl der geeigneten Sanktionierung unter dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgen.
Durch eine solche Reform des Bayerischen Hochschulrechts wollen wir sicherstellen,
dass das studentische Umfeld an Hochschulen und Universitäten für alle Studierende,
auch diejenigen jüdischen Glaubens, sicher bleibt und antisemitische Handlungen keine
Duldung finden. Eine entsprechende Aktualisierung des Bayerischen
Hochschulinnovationsgesetzes würde nicht nur eine wichtige Voraussetzung für
Hochschulen und Universitäten darstellen, konsequente Maßnahmen in Betracht zu
ziehen, sondern auch deren Autonomie erhöhen, um diese letztlich auch effektiv
umsetzen zu können.
2. Selbstverständnis der Hochschulen und rechtliche Verankerung
Die bisher geringe Zahl an Fällen, in denen Hochschulen Maßnahmen gegen
antisemitisches Verhalten ergriffen haben, liegt auch im Selbstverständnis der
Hochschulen als autonome Bildungseinrichtungen begründet. Häufig fehlt es an einem
klaren Verständnis der Verantwortung, die Hochschulen im Kampf gegen Antisemitismus
tragen. Um eine effektive Bekämpfung von Antisemitismus zu gewährleisten, ist es
notwendig, die Zuständigkeit der Hochschulen für disziplinarische Maßnahmen zu
erweitern und gesetzlich festzuschreiben. Hochschulen müssen ihre Rolle als Orte der
Vielfalt und Toleranz aktiv wahrnehmen und dürfen antisemitisches Verhalten nicht
länger dulden.
3. Verbesserung der Rahmenbedingungen und Schutzmaßnahmen
Neben den rechtlichen Anpassungen ist auch eine Sensibilisierung der Hochschulen und
Universitäten für ihre Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus notwendig. Die
vorhandenen rechtlichen Rahmenbedingungen reichen oft nicht aus oder werden nicht
konsequent umgesetzt. Hochschulen sollten verpflichtet werden, antisemitisches
Verhalten nicht nur innerhalb der Universitäten zu ahnden, sondern auch bei
relevanten außeruniversitären Vorfällen zu handeln, die die Hochschulgemeinschaft
betreffen.
Für uns JuLis Unterfranken ist klar: Wir wollen die Rahmenbedingungen an bayerischen
Hochschulen und Universitäten verbessern. Dazu bedarf es nach unserer Auffassung:
- Hochschulen sollten verpflichtet werden, ein klar definiertes und für alle
leicht zugängliches Meldesystem für diskriminierende Vorfälle zu etablieren.
Dies kann in Form einer anonymen Online-Plattform geschehen, die eine
niedrigschwellige Möglichkeit bietet, Vorfälle zu melden. Ziel ist es, die
Dunkelziffer der Fälle aufzudecken und Vorfälle umfassend zu dokumentieren. - Hochschulen sollten verpflichtet werden, antisemitische Vorfälle systematisch zu
dokumentieren und regelmäßig Berichte zu veröffentlichen. Diese Berichte könnten
als Grundlage dienen, um den Erfolg der Maßnahmen zu bewerten und die
Öffentlichkeit zu informieren.
4. Verpflichtende Sensibilisierungs- und Bildungsinitiativen
Um antisemitische Vorfälle wirksam zu verhindern, müssen nicht nur Sanktionen
verschärft, sondern auch präventive Maßnahmen ergriffen werden. Bildungsinitiativen,
die das Bewusstsein für die Bedeutung des Schutzes jüdischer Studierender schärfen,
sind unverzichtbar.
Diese Initiativen sollten nicht nur auf Studierende abzielen, sondern auch das
Hochschulpersonal einbeziehen, um eine umfassende Sensibilisierung zu gewährleisten.
Es muss klar sein, dass jede Form von Antisemitismus nicht toleriert wird und die
Hochschulen ihre Verantwortung im Umgang mit solchen Vorfällen ernst nehmen. Durch
regelmäßige Veranstaltungen, wie z.B. Dialogabende oder Workshops, die von jüdischen
Gemeinden oder Antidiskriminierungsorganisationen unterstützt werden, können
Vorurteile abgebaut und der Zusammenhalt gestärkt werden.
5. Förderung eines sicheren und inklusiven Hochschulumfelds
Sanktionierungen sind dann angebracht, um bereits erfolgten antisemitischen
Handlungen mit entsprechenden Konsequenzen zu entgegnen. Darüber hinaus wollen wir
Junge Liberale Bayern bereits in der Prävention ansetzen, um ein sicheres und
inklusives Umfeld für alle Studierenden zu fördern.
Wir Junge Liberale Unterfranken fordern daher:
- Die Einrichtung sicherer Räume auf dem Campus der Hochschulen bzw. der
Universitäten, die speziell dazu dienen sollen, die speziell dazu dienen sollen,
Schutz vor Diskriminierung und eine sichere Anlaufstelle für Meldungen und
Beratung bei Vorfällen zu bieten Studierende könnten hier vertrauliche Beratung
in Anspruch nehmen, Informationen zu ihren Rechten erhalten und bei Bedarf
Unterstützung bei der Meldung von Vorfällen finden. - Die Bereitstellung eines für jüdische Studierende geeigneten
Unterstützungsdienst in Form einer zentralen Anlaufstelle. Auch hier soll sich
der Freistaat Bayern an der Anlaufstelle für Betroffene von Antisemitismus in
Nordrhein-Westfalen orientieren. Das Ziel dieser Stelle soll es sein, dass
Betroffene antisemitischer verbaler oder gar physischer Angriffe zu unterstützen
und beratend zu begleiten. Dazu gehört vor allem eine Erstberatung für die
Betroffenen antisemitischer Vorkommnisse, die neben Handlungsmöglichkeiten auch
eine potenzielle strafrechtliche Relevanz aufzeigen soll. Insbesondere für
Studierende mit internationalem Hintergrund kann dieses Angebot eine wichtige
Grundlage darstellen. Eine kooperative Zusammenarbeit mit jüdischen Gemeinden,
Organisationen und spezialisierten Beratungsstellen stellt für uns dabei eine
elementare Grundlage für dieses Vorhaben dar. In Bezug auf die Finanzierung
dieser Anlaufstelle ist zu prüfen, inwiefern staatliche Förderungen für dieses
Anliegen verfügbar sind – bei deren Existenz ist ein entsprechender Förderantrag
zu stellen.